Die Games-Branche ist inzwischen zu einem riesigen Industrie-Zweig angewachsen, der inzwischen locker mit der Film- und Musik-Industrie mithalten kann. Doch wo viel Geld im Spiel ist, wird es früher oder später eklig … vor allem für die Kunden. Der Kapitalismus mit seinem hässlichsten Gesicht ist auch bei den Games angekommen. 2010 sind einige Trends aufgekommen, die einen als Spieler einfach nur zum Kopfschütteln bringt und das bis heute immer wieder …
Der folgende Artikel ist schon seit knapp einem Jahr so gut wie fertig in der „Schublade“. Eine Meldung von Kotaku.com brachte mich dazu, ihn nun endlich zu veröffentlichen. In der besagten Meldung ging es um Gerüchte zum möglichen Nachfolger der Xbox 360:
„…the assertion I’ve heard from one reliable industry source that Microsoft intends to incorporate some sort of anti-used game system as part of their so-called Xbox 720.
It’s not clear if that means that the system wouldn’t play used games or how such a set-up would work. Obvious approaches—I’m theorizing here—like linking a copy of a game to a specific Xbox Live account could seemingly be foiled by used-game owners who would keep their system offline. My source wasn’t sure how Microsoft intended to implement any anti-used game system in the new machine.“ —> Kotaku-Meldung
Bisher ist es nur ein Gerücht, aber es würde zum Trend der Hersteller passen, den ich mit den kommenden Zeilen anprangern möchte.
Betrüger in der Kundschaft
Man sollte nicht meinen, dass große Unternehmen wie Electronic Arts, Ubisoft, Activision und Co. ziemlich gut in der Kreide stehen und nicht jährlich Milliarden-Umsätze generieren. Es wird gejammert und gemeckert, als ob sie am Hungertuch nagen. Das ganze Geflenne ist meiner Meinung nach besonders 2010 immer lauter geworden, dabei ist die sogenannte „Krise“ eigentlich recht harmlos an der Games-Branche vorübergezogen. Das Problem scheint auch nicht die „Krise“ zu sein, auch nicht wirklich die ganzen Raubkopierer, obwohl die bestimmt nach wie vor eine lästige Plage sind, sondern das Thema gibt es ja schon seit den Kindertagen der Games: den Gebrauchtmarkt. Leute, die ihre durchgespielten oder fehl gekauften Spiele wieder verkaufen. Seien es nun private Verkäufer auf Ebay oder kleine Gameshops. Besonders für Letztere ist der Verkauf von gebrauchten Spielen ein wichtiges Standbein, denn nur vom Verkauf von neuen Games kann man nicht leben, wenn man nicht gerade Media-Markt und Co. heißt und große Mengen kaufen kann und sich dann noch an den Zinsen beim Bezahlen eine goldene Nase verdient. Bei den kleinen Shops ist die Gewinnspanne bei neuen Games einfach zu klein, als dass sie sich da günstige Preise leisten könnten. Media-Markt dagegen könnte es sich leisten Schnäppchen an zu bieten, aber sie tun dies natürlich selten. Wieso verkauft man eigentlich seine Spiele wieder? Das macht man aus verschiedenen Gründen. Platzmangel im Regal etwa oder man will ein Spiel wieder los werden, welches den Geschmack nicht getroffen hat. Meistens jedoch das Wissen, das man ein Spiel wohl nur einmal durchspielt und das Geld vom Gebrauchtmarkt in ein neues investieren möchte.
So much for the 10$ Plan
2011 hat das besagte Gejammere der Industrie etwas nachgelassen. Warum haben bestimmt schon einige Spieler bemerkt. Die Publisher sind kreativ geworden und haben es oft geschafft, es fast attraktiver zu machen ein Spiel neu zu kaufen, als auf Ebay oder im Gebraucht-Abteil eines Spielshops. Die Mission, die Electronic Arts vorangetrieben hat, war der 10$-Plan. Der Plan Gebrauchtkäufern 10 Dollar extra ab zu schwatzen. das Mindeste wohl, was „Betrüger“ tun können, um den „Schaden“ an EA zu mindern. Denn genau genommen verliert EA ja bei jedem Gebrauchtkäufer potenziell einen gewissen Betrag, je nachdem wie viel eine Kopie eines Spiels eben wert ist und was an Gewinn noch drauf kommt oder gekommen wäre. 10 Dollar sollten das wohl tilgen und auch einen gewissen Gewinn abwerfen. Einige Versuche wollen wir einmal dokumentieren.
Electronic Arts preschte als einer der lautesten Jammerer voraus und eine der ersten Versuche war mit Mass Effect 2. Dem Spiel lag ein Code bei, mit dem man sich auf einem kleinen Umweg den Zugang zu einer Art Download-Sektion namens „Cerberus-Netzwerk“ frei. Der Umweg war ein EA-Konto (am Computer) zu eröffnen und dieses mit seinem Gamertag zu verknüpfen. Das Problem, das viele Spieler damit hatten, war, dass viele schon ein EA-Konto mit ihrem Gamertag verbunden hatten, ohne dass es ihnen bewusst war. Viele EA-Spiele verlangten ja schon vor Mass Effect 2 diverse Bestätigungen vom Spieler. Und dabei schien solch ein EA-Konto eröffnet und verknüpft worden zu sein. Ergo bei Mass Effect 2 schauten viele Spieler in die Röhre. Was man da noch nicht wusste, ist, dass die Inhalte, die der „ehrliche“ Neukäufer hier als Belohnung bekam, nicht der Renner waren. Waffen oder Rüstungen für Shepard, die schlechter waren, als die, die man nicht eh schon hatte. Kleine Miniepisoden, die eher schlecht als recht waren. Und die großen Zusatz-Inhalte mussten auch Neukäufer bezahlen. Ach ja, den Code für den Zugang lag der Packung bei und man konnte ihn einmal einlösen. Sprich, Gebrauchtkäufer oder Leute, die sich das Spiel geliehen hatten, mussten sich den Zugang für knapp 12€ bzw. eben den 10$ erkaufen. Im Falle von Mass Effect 2 wohl eher eine Geldverschwendung.
Aus der Misere von Mass Effect 2 hat EA aber schnell gelernt und bei Battlefield Bad Company 2 wurde dies kundenfreundlicher integriert. Auf ein EA-Konto wurde verzichtet und diesmal schaltete der beigelegte Code eine VIP-Sektion für den Multiplayer frei. Einmal frei geschalten, wurde man als „ehrlicher“ Kunde mit den neusten kleinen Feature-Updates und vor allem neuen Karten belohnt und davon inzwischen schon einige. Größere Updates musste man aber auch wieder alle separat bezahlen. Dieser Online-Pass zieht sich inzwischen durch jedes EA-Produkt.
Der Publisher THQ setzte der ganzen Chose noch einen drauf und verwehrt den bösen Gebrauchtkäufern einfach mal den Multiplayer-Teil der Spiele. Den Anfang machte hier UFC Undisputed 2011. Per Code im frisch gekauften Spiel konnte man sich den Zugang frei schalten. Die, die den Code nicht haben, müssen für Online-Kämpfer einmalig 10€ hinblättern. Mit Homefront zeigte man doch ein wenig mehr Fingerspitzengefühl und der Mutliplayer war immerhin bis Level 5 frei spielbar, bevor man aufgefordert wurde, den Code einzugeben oder sich den Zugang eben zu erkaufen.
Warner Entertainment zeigt uns mit dem aktuellen Mortal Kombat, welche Auswirkungen dies hat für „ehrliche“ Importkäufer. Wie wir wissen, kam das brutale Spiel nie offiziell in Deutschland heraus. Jungendschutz und so. Wie auch immer, als erwachsener Zocker kann man sich so etwas ja legal und recht einfach aus dem Ausland schicken lassen. Doch dieser Code, der einem den Multiplayer freischalten soll, funktioniert nicht mit einem deutschen Xbox- oder PlayStation-Account. Der Grund ist einfach, auch wenn total unnötig: Das Spiel gibt es nicht offiziell in Deutschland, deswegen verweigert das System seinen Dienst. Hier kann weder Gebrauchtkäufer noch der Neukäufer etwas dagegen machen, nicht mal für Geld.
Nachschlag gefällig?
Doch nicht nur nervige Codes, die Teile vom Spiel freischalten kamen auf. Man setzt inzwischen auch auf Vorbesteller. Wer das Spiel vor dem Release bestellt, bekommt als Belohnung wieder ein Code, der einem meist billige Goodies für das Spiel freischaltet. Doch einer der inzwischen sehr großen zusätzlichen Einnahmequellen sind der sogenannte Download-Content, kurz DLC geworden. Man kennt solche Add-ons ja schon von früher, aber die neuen Inhalte sind zum großen Teil kleine Episoden, Level oder andere kurze Schnipsel zum Spiel. Man hat dabei leider weniger das Gefühl, dass die Entwickler hier nach Release noch weiter werkeln, um das vorhanden Spiel zu ergänzen. Viel mehr wirkt es, als ob einfach vom fertigen Spiel teile herausgeschnitten werden und nach Release erst veröffentlicht werden, quasi als „neu“ deklariert. Verdächtig ist eben immer wieder, wenn die Pressesprecher schon vor dem Erscheinen des Spiels DLC ankündigen.
Man siehe Assassin’s Creed, mit den Zusatzkapiteln oder die „neuen“ Fälle zu L.A. Noire. Das wäre ja auch alles noch akzeptabel, wäre da nicht die teilweise unverständliche Preispolitik der Hersteller. Knapp 10€ soll man für einen Fall zum letzt genannten Spiel löhnen. Spielzeit circa 1-2 Stunden, ähnlich auch bei Assasins’s Creed. Das steht in keinerlei Relation, wenn man mal den DLC von z.B. Borderlands ansieht. Dieser hatte eher den Charakter von früheren Add-ons und war ebenfalls für knapp 10€ zu haben. Spielzeit hier über 10 Stunden!
Mircosoft hat dies mit Alan Wake jedoch etwas eleganter gelöst. Denn man bekommt mit dem Code nicht irgendwelche nutzlosen Ingame-Items, sondern den ersten von zwei DLCs. Der Preis für Codelose war dann auch nur mit knapp 6€ recht in Ordnung. Es geht also auch netter.
Quo vadis Gamesindustrie?
Die ganzen Code-Geschichten und die Entwicklung weg von den „klassischen“ Games ist teilweise doch etwas traurig, wie ich finde. Aus wirtschaftlicher Sicht verstehe ich ja, dass man das „verlorene“ Geld der Gebraucht-Käufer gerne wieder haben möchte, aber ist es wirklich so schlimm? Oder geht es hier nur um einen kleinen Prozentsatz des theoretischen Gewinns? Schade eben, wenn dann die Spieler, besonders die Neu-Käufer darunter zu leiden haben. Die Industrie könnte hier doch etwas kreativer herangehen. Könnte? Bitte macht es! Die Code-Chose wirkt auf mich eher chaotisch und beliebig, teilweise ohne Sinn und Verstand.
Wenn die Entwicklung so weiter geht, wo soll das noch hinführen? Man bekommt Spiele nur noch in kleinen Häppchen, wie Telltale es mit seinen Adventures vor macht? Wenn die Preispolitik hierbei überdacht wird, wäre so etwas noch zu verkraften und würde eventuell bei manchen Spielen auch Sinn machen. Bei Call of Duty zum Beispiel. Multiplayer und Singleplayer getrennt vermarkten? Es gibt ja Tatsache viele Spieler, die nur der Mehrspielerteil interessiert.
Die andere Entwicklung wird wohl auch sein, dass die physischen Medien irgendwann verschwinden. Das könnte schnell auch in eine DRM-Schlacht ausarten, wie man das ja die letzten Jahre bei PC-Spielen beobachten kann. Das Regal zum Protzen wird leerer, dafür entsteht nur noch Datenmüll, gut für die Umwelt. Das Spiele-Regal wird dann zur Facebook-Protzliste degradiert.
Das Problem an der Sache ist aber nicht nur die neuen Gewinnsteigerungs-Flauseln der Hersteller, sondern auch die Käufer da draußen. Es scheint bei vielen doch schnell auf Akzeptanz zu stoßen, denn DLC werden häufig gekauft. Das Geld scheint locker zu sitzen oder man denkt weniger darüber nach. Ein paar reflektierte und leidenschaftliche Spieler üben schon Boykott aus. Der allerdings nicht fruchtet, wenn kaum einer mitmacht. Der Markt wird nach wie vor von Angebot und Nachfrage geregelt, man kann also selbst eingreifen, rein theoretisch.
P.S. An die Leute die am PC spielen
Ich als Konsolero, jammere hier über Codes und Download-Inhalte und den Verlust der klassischen Spielevermarktung, jedoch haben die PCler da draußen auch seit einigen Jahren mit den Gewinnmaximierungsgedanken der Hersteller zu kämpfen. Dort geht man schon länger den Weg weg von physischen Medien, denn auf Plattformen wie Steam bekommt man fast alles als Download. DRM inklusive. Onlineshops sind ja eigentlich schon in Ordnung, aber zum Beispiel Ubisoft geht da andere, drastischere Wege. Stichwort Online-Zwang oder Ingame-Mikropayment, was auf dem PC ausgeprägter ist, als auf der Konsole. Das Stichwort „Origin“ lässt so manchen Spieler verzweifeln. Da bin ich auch manchmal froh, sehr wenig am PC zu spielen.
Sehr schöner Artikel, was ich aber eine interessante Sache finde, ist das man (Mass Effect3) eine Nutzungsbedingung abhaken muss… Der Spass geht weiter……